Oft habe ich große Schwierigkeiten, mein Gedankenkarussell auch einmal anzuhalten. Gerade negative, destruktive Gedanken lassen sich nur sehr schwierig stoppen. Es ist ihnen egal, wenn ich mir die Ohren zuhalte. Dagegenargumentiere. Versuche, an etwas anderes zu denken. Die fiesen, gemeinen, Katastrophen prophezeienden Stimmen sickern immer wieder durch und färben meine Gedankenwelt wie Tinte Löschpapier.
Aber nun hab ich einen Rettungsanker für mich entdeckt: Ich fokussiere mich. Am besten auf ein Gefühl, eine Empfindung oder ein Mantra. Irgendetwas, das meinen Kopf so besetzt, dass die Negativspirale, die Wendeltreppe in die Dunkelheit, wirklich keine Chance mehr hat. Ich konzentriere mich voll und ganz auf die Geräusche meiner Umwelt. Die Wellen meines Atems, die meinen Körper ganz sacht bewegen. Einen Satz, den ich mir ununterbrochen vorsage, bis mein Kopf das Denken endlich sein lässt und alle Viere von sich streckt.
Ein Beispiel. Gerade habe ich alleine gegessen. Und ich habe mich gezwungen, den Fernseher nicht einzuschalten und auch keine Zeitschrift nebenbei durchzublättern. Es hat nur Sekunden gedauert bis sie vorbeischauten: Das Gefühl der Einsamkeit. Die urteilenden Gedanken. Die verallgememeinerten Phrasen. Das „Ich-sterbe-einsam-und-allein-und-niemand-merkt-es“-Schreckensszenario. Also hab ich mir einen Fokus gesucht. Und weil ich gerne esse, war es richtig leicht.
Ich habe mich auf die Temperatur des nächsten Bissens konzentriert. Auf die Konsistenz des Couscous. Auf die Säure der Tomaten. Auf ihre Süße. Auf das salzige Aroma des Schafskäse. Auf das zarte Durchschimmern der Kräuter. Auf die knackigen Zucchini-Stücken mittendrin. Und wenn mein Kopf wie ein bockiges Pferd zurück wollte auf die Trauerweide, dann habe ich die Zügel angezogen und wieder von vorne begonnen. Salzig. Sauer. Süß. Knackig. Weich. Körnig…
Es wirkt. Es hilft. Ich bin so erleichtert. Die letzten Monate bin ich fast daran verzweifelt, dass ich meinen Gedanken nie Einhalt gebieten konnte. Dass es mich gedacht hat. Selbst Dr. R. hat den Kopf geschüttelt über meinen Grübelzwang. Nun hab ich endlich ein Mittel in meinem Arzneischrank, das wirkt. Das mir jederzeit zur Verfügung steht. Rezeptfrei. Dafür bin ich sehr dankbar.